Ende der Kreditprogramme nach 8 Jahren: Tsipras spricht aus Ithaka über Ende der "modernen Odysse" Griechenlands


Nach 8 Jahren sind die Kreditprogramme und die Krise - zumindest offiziell und eher nur förmlich - zu Ende! Ab jetzt ist Griechenland auf sich allein gestellt und wechselt in eine verlockerte internationale Beaufsichtigung. Denn bestimmte finanzielle Ziele müssen weiterhin erreicht werden. Einzig und allein, wird es eventuell mehr freien Spielraum für die Regierungen geben um eigene Dinge voranzutreiben und es wird kein fremdes Geld mehr geben. Die Haushaltsüberschüsse sollen dies wohl weiterhin gewährleisten. Offiziell wurden die Memorandums von Georgios Papandreou 2010 aus der östlichsten Insel Griechenlands Kastelorizo eingeläutet und nun deren Ende von Alexis Tsipras im Jahr 2018 aus Ithaca aus. Natürlich konnte da eine dementsprechende Rede an das Volk nicht fehlen.....

Nach Portugal, Irland, Spanien und Zypern ist Griechenland der fünfte Patient der Währungsunion, der den so genannten Euro-Rettungsschirm verlässt. Insgesamt erhielt das Mittelmeerland zur Abwehr eines unkontrollierten Staatsbankrotts seit 2010 fast 274 Milliarden Euro.

Für Ministerpräsident Alexis Tsipras sollte es wohl eigentlich ein Moment des Feierns werden.
Zumindest so der Plan ursprünglich. Doch es herrscht noch Trauerstimmung in Hellas da neulich bei den verheerenden Waldbränden in Athen beinahe 100 Menschen ihr Leben verloren. Die Wunden sind viel zu groß und noch viel zu frisch, um jetzt eine Fiesta zu arrangieren vor laufenden Kameras und das auf dem Athener Pnyx-Hügel feiern, wo in klassischer Zeit die Volksversammlung tagte. Kurzfristig entschied er sich schließlich dazu, eine Botschaft an das Volk von der Insel Ithaka aus zu senden. Das gesamte Ambiente erinnerte stark an die Insel Kastelorizo im Jahr 2010.

Am 23. April 2010 kündigte der damalige Premier Giorgos Papandreou den drohenden Staatsbankrott an und ersuchte Finanzhilfen der Euro-Partner.Papandreou verglich sein Land mit einem „sinkenden Schiff“ und das, was dem Volk bevorstehe, mit einer „Odyssee“. Acht Jahre später wählte der heutige Ministerpräsident Alexis Tsipras die passende Endstation: Tsipras fuhr nach Ithaka, der Insel des Odysseus, um das Ende der Irrfahrt zu verkündigen.„Heute nimmt Griechenland sein Schicksal wieder selbst in die Hand“, sagte Tsipras. Sparmaßnahmen von 65 Milliarden Euro hätten man den Griechen bisher abverlangt, erinnerte Tsipras die Zuschauer und betonte dass der Weg nie einfach war, man aber immer in all den Jahren das Ziel vor Augen hatte, dass der heutige Tag ein Tag der Erlösung und neuen Anfangs sei.“Nicht weniger als eine „Wiedergeburt Griechenlands“ versprach der Premier, „ein Vaterland der Gleichheit, der Demokratie und der sozialen Gerechtigkeit.“ In einem cleveren Wortspiel - wie es von ihm gewohnt ist - feuerte er auch gegen die alte "politische Elite" die das Land überhaupt erst in die Krise fuhr und bezog sich anscheinend auch auf seine erste 6-monatige Amtszeit worin er seinen Partnern in ganz Europa dankte für den Beistand.

Im Juni, um eine Überforderung Griechenlands zu vermeiden, konnte man noch eine Gewährung von Schuldenerleichterungen erzielen und die Zins- und Tilgungszahlungen bis 2032 zu verlängern. Danach würde man weitersehen. Es ist aber fraglich ob dies bis 2032 so bleibt. Man wird höchstwahrscheinlich zu einem eheren Zeitpunkt wieder verhandeln müssen. Diese Stundung bedeutet aber auch, dass Griechenlands Schuldenquote in den nächsten Jahren weniger schnell zurückgehen wird. Bis 2060 soll Athen im Haushalt einen Primärüberschuss von 2,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaften Doch dies erst ab 2022. Bis dahin sind es 3,5 Prozent (wie auch in den letzten Jahren, bisher erzielt die Regierung immer mehr als das gesetzte Ziel um eigene Pläne finanzieren zu können, bisher erfolgreich aber für wie lange?). Die Ankündigung mit diesem Dienstag beginne für Griechenland „eine neue Ära“, klingt deshalb etwas zu optimistisch. Doch das ist wahrscheinlich darauf zurück zu führen dass in weniger als in einem Jahr Nationalwahlen stattfinden. Plus Kommunal- und Eurowahlen.  Die Presse international berichtete ausführlich über das besagte Ende und der Rede von Tsipras. Die Reaktionen waren gemischt, teils positiv, teils negativ generell. Man sah zwar Fortschritte aber man wies weiterhin auf weitere Kürzungen an, auf die Ziele und dem kleinem Wachstum sowie der Beaufsichtigung. Angriffe gab es auch von der griechischen Opposition, die ND unter Kyriakos Mitsotakis sprach von einer Reihe von Lügen und postete auch ein eigenerstelltes Video auf Facebook über die Syriza-Amtszeit in dem gesagt wird dass man 100 Mrd. Euro verlor und 200.000 Arbeitsplätze verschwanden (dem Arbeitsamt aber zufolge sieht es anders aus, positiver und dies könne nicht nur der Auswanderung zugeschrieben werden).


Im Folgenden die imposante und mit vielen Anspielungen auf den Mythos der Odyssee (der in Ithaca endete) Rede des Premierministers Tsipras:


"Heute beginnt in unserer Heimat ein neuer Tag. Ein historischer Tag. Die Memoranden von Austerität, Rezession und sozialer Verwüstung sind endgültig vorbei. Unser Land gewinnt sein Recht zurück, sein Vermögen und seine Zukunft zu definieren. Wie ein normales europäisches Land. Ohne äußere Zwänge. Keine Erpressung mehr. Ohne andere Opfer unseres Volkes." 

"Unser Land ist geschlossen, zwei schwarze Sympligaden umschließen es", wie der Dichter es sagt. Das ist das Aufeinanderprallen, das wir zurückgelassen haben. Wohlwissend dass Griechenland seine Geschichte ist. Die Errungenschaften, die Kämpfe und das Leid. Das sind die Dinge, die im Laufe der Jahrhunderte den Weg bestimmt haben. Eine Route, die nie einfach war. Aber es gab immer ein Ziel. Auch in den dunkelsten Tagen, in den größten Stürmen". 

"Griechenland lebt seit 2010, seine moderne Odyssee. In fünf Jahren sind für ein Land in Friedenszeiten noch nie dagewesene Dinge geschehen. Wir haben 25% unseres nationalen Reichtums verloren. Drei von zehn waren arbeitslos. Sechs von zehn jungen Menschen auch. Sparmaßnahmen in Höhe 65 Milliarden wurden umgesetzt. Gewalt und Repression wurden zum Alltag. Die Demokratie wurde trivialisiert. Banker wurden Premierminister und Minister wurden Banker. Faschistische Banden kamen nach 60 Jahren aus ihrem Versteck."

"Ein Land im ewigen Ausnahmezustand. Und ein Volk aber, dass das Schicksal dass die Mächtigen ihm vorschrieben, nie angenommen hat. Und er schrieb neue Seiten des Widerstands. Dieses Volk hat vor 3,5 Jahren eine historische Entscheidung getroffen. Das Ruder des Landes von denen zu nehmen, die sie zu den Felsen Gefahren haben, und es an neue Kapitäne zu übergeben".

"Wir haben diese schwere Verantwortung übernommen. Mit Elan, Entschlossenheit und Respekt für die Opfer unseres Volkes. Nicht mit Gewissheiten, außer einer. Die, die wir von den griechischen Frauen und Männern erteilt bekommen haben: das Land aus der Gasse der Memoranden und der ewigen Austerität zu nehmen. Wir haben viele Wellen durchgemacht, um heute an unser Ziel zu kommen. Die Mannschaft hat sich verändert. Andere fürchteten die Wellen, andere zogen es vor, Sie zu zähmen." 

"Wir haben schon viele Male die Sirenen der Sinnlosigkeit gehört. Dass sich die Dinge in Griechenland nicht ändern werden und die Memoranden immer hier sein werden. Dass es keinen Sinn macht, Widerstand zu leisten, wenn die Laistrygonen und die Zyklopen Ihnen gegenüber stehen. Die Bestien, die das kleine und schwache Griechenland nicht gewinnen konnte. All dies hat unsere Bemühungen jedoch nicht gebeugt." 

"Und das liegt daran, dass die Leute, die daran gearbeitet haben, ans Ziel zu kommen, nicht mehr im Abseits standen. Sie waren nicht mehr im Laderaum eingesperrt, keine Stimme, keine Hoffnung. Aber sie waren am Steuer. Mit uns. Und es war schwierig für sie, es fest zu halten." "Griechinnen und Griechen, heute ist ein Tag der Erlösung. Aber es ist auch der Ausgangspunkt einer neuen Ära, und an diesem Ausgangspunkt werden wir nicht die Hybris begehen, um die Lehren der griechischen Memoranden zu ignorieren. Wir lassen uns nicht von der Vergessenheit locken. Wir werden keine Lotofagen sein." 

"Wir werden nie die Ursachen und die Menschen vergessen, die das Land in die Memoranden geführt haben. Die Steuerfreilichkeit des großen Reichtums, die weit verbreitete Verflechtung und Korruption, die Promiskuität einer Reihe von Geschäfts-und Verlagsgruppen, die jahrelang ihr Land als ihr Eigen betrachteten und mit Zynismus und Verachtung eine politischen Elite vertraten, die glaubten, dass die Griechen ihre gefügigen Untertanen seien." 

"Wir werden nie diejenigen vergessen, die Griechenland und die Griechen herabwerteten, weil sie es gewagt haben, bei der Umsetzung eines neoliberalen Experiments, dass jahrzehntelang anhalten würde, nicht zuzustimmen. Aber wir werden diejenigen nicht vergessen, die den Griechen und Griechenland im schwierigen Moment beistanden. Personen und politische Kräfte aus allen europäischen Ländern, die sich stark gegen die Pläne für den Austritt und die Bestrafung Griechenlands gewehrt haben. Weil sie wissen, dass Griechenland für Europa viel mehr bedeutet als nur Haushaltszahlen. Wir werden nichts vergessen, was wir erlebt haben, denn es ist nicht nur eine Angelegenheit der Historiker der Zukunft, sondern die Mittel eines Landes, dass die neue Seite seiner Geschichte schreibt, in der gegenwärtigen Spannung. Wir kamen an unserem Ziel an, wir kamen aus den Memoranda, aber wir sind uns vollkommen bewusst, dass wir hier definitiv nicht fertig sind."

"Neue Schlachten stehen jetzt vor uns. Die modernen Verlobten/Thronanwärter sind hier und stehen immer noch auf der anderen Straßenseite. Es sind diejenigen, die das Schiff wieder nach mit dem wildem Meer ringen sehen möchten und die Menschen wieder in den Laderäume sehen wollen."

"Diejenigen, die nach Ihrem Bild und Gleichnis, das Griechenland der Korruption, der Verflechtung und der Macht der wenigen erschaffen haben. Diese die ungestört in der Lage sein wollen, Steuer zu hinterziehen wie ein Parasit auf Kosten des öffentlichen Interesses, ihre Offshores haben und das Geld im Ausland. Diejenigen, die sich über jedes Gesetz und jede Herrschaft eines Rechtsstaats halten und über die Idee einer unabhängigen Justiz zittern." 

"Wir werden Ithaca nicht in deren Hand lassen. Jetzt, da wir unser begehrtes Ziel erreicht haben, haben wir die Macht, unser Land so zu bauen, wie es verdient ist. Die einfallsreichen Griechen, wir schrieben mit Kampf und Opfern das Ende der Memoranden. Ab heute beginnen wir mit Visionen und Entschlossenheit, für die neue Ära unserer Heimat. Mit Besonnenheit und Verantwortung, niemals zu dem Griechenland zurückzukehren, der Defizite und des Bankrott, sondern zur mutigen Wiederbelebung Griechenlands. Für eine Heimat der Gleichheit, der Demokratie und der sozialen Gerechtigkeit. Denn Ithaca ist nun nur der Anfang".

 

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