Kabinettsumbildung in Griechenland: Tsipras verspricht Neuanfang - Weitere junge Minister und Überraschungen


Mit dem neuangekündigtem Team will Ministerpräsident Alexis Tsipras in den in Kürze beginnenden Wahlkampf gehen. Die Regierung brauche „frisches Blut“, hatte Tsipras erst am Montag erklärt sowie auch in seiner Rede an die Nation aus Ithaca aus im Rahmen des (eher förmlichens) Ende des Sparprogrammes. Allzu viele neue - zentrale - Gesichter gab es aber nicht in dieser Umbildung. Jedoch, seinem Motto folgend, hat er zumindest ein paar junge Politiker (auch außerparlamentarische) in die Regierung aufgenommen und einige aufgewertet da er mehr seine Generation und jüngere stärken wollte, zum einigem Missfallen alteingessener Politiker der Partei die ignoriert wurden. Überaschungen mit neuen Gesichtern anderer Parteien waren auch im Paket dabei.

Insgesamt kamen 13 neue Personen erstmals in die Regierung. In dieser wurde heute der Fraunenanteil erhöht und auf 13 angehoben. Die Koalitionspartner ANEL beteiligen sich mit 7 Personen. Die restlichen gehören SYRIZA an oder sind sonstige außerparlamentarische Menschen. Zusammen mit dem Premierminister besteht die Regierung aus 54 Personen.

So einige Hauptposten blieben wie bisher:
Außenminister Nikos Kotzias, Finanzminister Euklid Tsakalotos und Nikos Pappas als Digitalpolitikminister behalten ihr Amt wie auch von allen erwartet. Bildungsminister Gavroglou behielt auch sein Amt - unerwartet.
Gleiches gilt auch für Efi Achtsioglou (32) als Arbeitsministerin die zu den erfolgreichsten gehört, zum "frischen" Wind der Partei und Regierung gehört und bisher auch sogar die jüngste überhaupt war, bevor Sie von Katerina Notopoulou mit ihren 30 Jahren "abgelöst" wurde denn diese übernimmt die Stelle der stellvertretenden Innenministerin, die für Makedonien und Thrakien zuständig sein wird (Υφυπουργός Μακεδονίας-Θράκης), und bisher (außerparlamentarische) Direktorin des 2016 erstmals errichtetens kleinen Ministerpräsidentenbüros in Thessaloniki war. Mit einem Alter von nur 30 Jahren gehört sie zu den neuen Gesichtern des neuen Regierungskabinetts, dass Dimitris Tzanakopoulos (36) im Rahmen der Umbildung ankündigte. Sie wird Maria Kollia Tsaroucha (60 Jahre alt und ANEL-Mitglied) ablösen.

Ihr Name wurde allgemein erstmals vor 2 Jahren bekannt als Sie mit einem Alter von nur 28 Jahren das neugegründete Büro in Thessaloniki übernahm und so den Ministerpräsidenten in Nordgriechenland vertrat. Die Vergabe des Jobs an sie wurde damals teils negativ kritisiert, viele aber hatten eher kein Problem damit und befürworteten den Einstieg von jungen  Menschen in die Öffentliche Verwaltung. Sie galt als eine der Personen von Tsipras um in der Jugend Griechenlands "Fuß zu fassen", zur selben Zeit wurde auch Efi Achtsioglou zur (ebenfalls außerparlamentarischen da sie nur technokratische Person des Beratungsteams des Arbeitsministeriums war und 2014 Beraterin der Syriza Eurogruppe in Brüssel war in Sachen Arbeitsrecht) Arbeitsministerin ernannt und war damals auch nur 30 Jahre alt, eine der jüngsten überhaupt in der griechischen Politik bisher. Seither hatte Sie nicht wieder die Öffentlichkeit beschäftigt. 

Hintergrund der teils umstrittenen Katerina Notopoulou

Sie wurde 1988 geboren, kommt aus Thessaloniki, absolvierte das 17. Lyceum von Thessaloniki, studierte Psychologie an der Aristoteles Universität von Thessaloniki und hat ein Aufbaustudium an der Universität Mazedonien in Europäischer Jugendpolitik gemacht. Sie hat sich auch auf die Psychologische Beratung und politische Sprachanalyse spezialisiert. Ist seit mehreren Jahren Mitglied des Zentralkomitees der Partei und kandidierte in der Region Thessaloniki bei den Wahlen Januar 2015. Aktives Mitglied der SYRIZA in der Gemeinde Thessaloniki, "Thessaloniki Open City," wo sie in der Vorwahlzeit vom Mai 2014 die Arbeit des Fraktionssprechers übernommen hatte. Mit aktiver Beteiligung an Solidaritätsbewegungen und Strukturen hat sie Kampagnen und Solidaritätsaktionen auf gesamteuropäischer Ebene umgesetzt.

Auch Tsipras’ Koalitionspartner, Panos Kammenos, bleibt im Verteidigungsministerium. Manche prognostizierten dass er den Platz verlieren könnte weil Tsipras eventuell nicht mit ihm zufrieden ist nach seinen unglüchlichen Aussagen während der Brandkatastrophe im Juli in Athen. Doch weil er eben sein Partner ist, rührt er ihn deswegen wohl nicht an.

Größere Veränderungen beschränken sich auf das Innenministerium wo die bisherige Verwaltungsreformministerin Olga Gerovassili (57) den Platz nun einnimmt und Katerina Papakosta (55) den Platz des Stellvertrenden Ministers für Bürger- und Katastrophenschutz (ein Amt dass seit Ende Juli frei war nach dem Rücktritt des Ex Militärs Toskas aufgrund der Brandkatastrophe in der Nähe Athens wo 96 Menschen ihr Leben verlieren mussten). Somit ist dies das erste Mal in der Geschichte Griechenlands dass solch ein wichtiges Ressort zur "Frauensache" wird. Wichtig denn den Frauen unterstehen ab nun Polizei, Feuerwehr, Küstenwache, Zivilschutz und Gemeinden.

Die überraschende Einberufung Papakostas aber ins Amt gilt als sehr kontrovers und sorgte bereits über politischen Wirbel und für viele humor- oder abweisvolle Kritik seitens der Bürger denn sie wurde vor einiger Zeit von der ND rausgeschmissen und war auch lange Zeit (während ihrer ND-Aktivität) eine Frau die scharfe Kritik auf SYRIZA ausübte. Generell auch betritt sie teils harte Ansichten gegenüber verschiedenen Themen. Wahrscheinlich dient ihre Einberufung unter anderem (wie z.B. eine Person mit Durchsetzungskraft für dieses Ressort zu finden was bei ihr der Fall teils ist) auch politischen Zwecken da sie zu den "Karamanlis Sympathisanten" der ND angehört, rechte Politiker die etwas mehr dem Volke nahe stehen und nicht so treue Anhänger von Samaras und dem jetzigen ND-Chef Mitsotakis sind (die drei, sind auch die drei "Lager" inmitten der Partei). Tsipras versucht schon seit einer großen Weile dieser Wählerschaft etwas näher zu kommen und sie könnte eventuell der Schlüssel dazu sein. Der ehemalige Innenminister Panos Skourletis (56) flog aus der Regierung raus und wurde als Sekretär der Partei von Tsipras selbst vorgeschlagen und auch von der Mehrheit ins den Posten gewählt.

Auch der bisherige Justizminister Herr Apostolou musste seinen Platz in der Regierung vollkommen aufgeben und an Michalis Kalogirou (42) abgeben, einem Anwalt der Tsipras nahe steht, Partner des bekannten Anwaltes Alexis Kougias, viele Gesetzesänderungen der Regierung überwacht und der Mann hinter der Gesetzesnovelle für die TV-Lizenzen und der Wiedergründung des staatlichen Fernsehens ERT war. Er studierte in Italien und kam 2001 nach Griechenland wo er als Anwalt in bekannten Kanzleien aktiv wurde, er war es auch der für die Reparationszahlungen an das Dorf Distomo in dem die Nazis scherwste Verbrechen begingen als Anwalt früher den Auftrag hatte.

Die Kulturministerin, die ehemalige Schauspielerin Lydia Koniordou (64) verlor auch ihr Amt und musste es an Myrsini Zorbas (Juristin mit vielen Studiums und 69 Jahre alt) abgeben, derer Auswahl ebenfalls sehr überraschend kam und auch zu keiner Regierungspartei gehört, da sie vom sozialistischem PASOK kommt und für diese Partei auch im Europaparlament früher war. Sie ist aber nicht die einzige die vom PASOK kommt und zu den neuen geischtern zählt die unerwartet auftraten denn die 55-jährige Juristin Mariliza Ksenogiannakopoulou bekam den freigewordenen Platz des Verwaltungsreformminsteriums und war früher in meheren PASOK-Regierungen als Ministerin tätig. Sie wurde 2012 aus der Partei rausgeschmissen nachdem sie sich geweigert hatte für das 2. Memorandum zu unterschreiben und war seitdem eine Außenseiterin. 

Der Minister für Handelsmarine und Inselpolitik Panagiotis Kouroublis musste auch gehen da er zu den Personen gehörte die in den letzten Monaten das Image der Regierung verschlechterten, vor allem nach dem Brand in der Nähe Athens. Seine Stelle nahm der seit März Amtstragende Stellvertrender Verteidigungsminister Fotis Kouvelis ein, ein Mann der schon seit dem März für Aufsehen sorgte mit seiner Auswahl da auch er keiner Regierungspartei angehörte und selber sogar Chef der Partei DIMAR ("Demokratisches Bündniss") ist.

Alexis Haritsis (40) wurde auch aufgewertet da er vom Stellvertrendem Minister (zuständig für ESPA Zuschüsse und Investitionen) nun Innenminister wird. Seinen bisherigen Platz wird ab nun der grade mal 33-jährige Stathis Giannakidis besetzen, studierter Ökonom und zum ersten Mal 2015 ins Parlament gewählt und langjähriges Parteimitglied, aktiv als Sekretär in der Jugendorganisation und in verschiedenen Ausschüssen des Parlaments für wirtschaftliche Themen.

Weitere Neuzugänge (die also noch nie in der Regierung waren) sind: Giorgos Dimaras (72) als stellvertrendes Umweltminister und aus den Grünen kommend, Markos Bolaris (60) als Stellvertr. Minister im Außenministerium zuständig für Religionsthemen (früherer Pasok Abgeordnerter), Panagiotis Rigas (62) als Stellvertr. Verteidigungsminister, Lefteris Kretsos (37)  als Stellvertrender Digitalpolitikminister, Stavros Arachovitis (45) als Agrarminister, Olympia Teligoiridou (51) als stellvertr. Agrarministern und Maria Chrysoveloni (56)  als Stellvertr. Inneministerin.

Die Neuzugänge
Die Regierung setzt sich insgesamt wie folgt zusammen:

Vizepräsident der Regierung: Yiannis Dragasakis
Ministerium für Wirtschaft und Entwicklung: Yiannis Dragasakis
Stellvertretender Minister für Industrie: Stergios Pitsiorlas
Stellvertretender Minister: Stathis Giannakidis (Neuzugang)

Innenministerium: Alexis Haritsis
Stellvertr. Ministerin: Maria Chrysoveloni (Neuzugang)
Stellvertrende Ministern für Makedonien und Thrakien: Katerina Notopoulou (Neuzugang)

Bürgerschutzministerium: Olga Gerovassili
Stellvertrende Ministerin: Katerina Papakosta (Neuzugang)

Ministerium für Justiz, Transparenz und Menschenrechten: Michalis Kalogirou (Neuzugang)
Stellvertretender Minister für Korruption verantwortlich: Dimitris Papaggelopoulos

Finanzministerium: Euclid Tsakalotos
Stellvertretender Minister: Giorgos Choyliarakis
Staatssekretär: Katerina Papanatsiou

Verteidigungsministerium: Panos Kammenos
Stellvertr. Verteidigungsminister: Panagiotis Rigas (Neuzugang)

Digitalpolitikministerium: Nikos Pappas
Stellvertrender Minister: Lefteris Kretsos (Neuzugang)

Ministerium für Bildung, Forschung und religiöse Angelegenheiten: Konstantinos Gavroglou
Stellvertender Minister für Forschung und Innovation: Kostas Fotakis
Stellvertrende Ministerin für Griechische Bildung im Ausland & Sonderbildung: Meropi Tzoufi

Außenministerium: Panos Kotzias
Stellvertrender Minister für Euruopaangelegenheiten: Giorgos Katrougkalos
Stellvertrender Minister für Religionsthemen: Markos Bolaris (Neuzugang)

Arbeitsministerium: Efi Achtsioglou
Stellvertretender Minister für soziale Solidarität: Theano Fotiou
Stellvertretender Minister für soziale Sicherheit: Tasos Petropoulos
Vize-Arbeitsminister: Nassos Iliopoulos

Gesundheitsministerium: Andreas Ksanthos
Stellvertretender Minister: Pavlos Polakis

Verwaltungsreformministerium: Mariliza Xenogiannakopoulou (Neuzugang)

Ministerium für Kultur und Sport: Myrsini Zorba (Neuzugang)
Stellvertrender Minister für Sport: Giorgos Vasiliadis
Stellvertretender Minister: Konstantinos Stratis

Ministerium für Umwelt und Energie : Giorgos Stathakis
Stellvertretender Sekretär: Sokrates Famellos
Stellvertretender Minister: Giorgos Dimaras (Neuzugang)

Ministerium für Infrastruktur und Verkehr: Christos Spirtzis
Stellvertretender Minister: Nikos Mavraganis

Migrationspolitikinisterium: Dimitris Vitsas

Ministerium für Schifffahrt und Inselpolitik: Fotis Kouvelis
Stellvertretender Minister: Nektarios Santorinios

Ministerium für Agrarentwicklung und Lebensmitteln: Stavros Arachovitis (Neuzugang)
Staatssekretär: Vassilis Kokkalis
Staatssekretär: Olympia Teligioridou (Neuzugang)

Tourismusministerium: Elena Kountoura

Minister zuständig für alltägliche Angelegenheiten des Bürgers: Alekos Flampouraris

Staatsminister, der für die Koordination der Regierungsarbeit zuständig ist: Christoforos Vernardakis

Staatsminister und Regierungssprecher: Dimitris Tzanakopoulos
Stellvertretender Minister: Dimitris Liakos

Generalsekretär der Regierung: Akritas Kaϊdatzis (Neuzugang)

Tsipras und die Wahlen

Tsipras weiß: Mit ein nur paar personellen Veränderungen im Kabinett wird er das Blatt nicht drastisch wenden, dazu braucht es mehr. In der Sitzung des Zentralkomitees kündigte er an, die Regierung habe jetzt den finanziellen Spielraum, die Steuerlast zu mindern. Woran er im Einzelnen denkt, sagte der Premier nicht, versprach aber: „Wir sind bereit zu mutigen Schritten.“

Panos Skourletis der sein Amt im  Innenministerium verlor ist ein alter, bewährter Parteisoldat und tief in der Syriza-Basis verwurzelt. Vor dem Wahlsieg im Januar 2015 war er Parteisprecher. Als Generalsekretär steht er nun vor der Aufgabe, den ziemlich vernachlässigten Parteiapparat für die nächsten Wahlen in Schuss zu bringen. Das wird nicht leicht sein, denn das Linksbündnis wirkt orientierungslos. Wie Tsipras persönlich hat auch die Partei in den vergangenen Jahren einen schwierigen Weg mit vielen Wendungen zurückgelegt.Der linksextreme Syriza-Flügel machte den abrupten Kurswechsel nicht mit und spaltete sich ab.

Trotz gelegentlicher verbaler Rückfälle in die linksradikal-populistische Rhetorik ist Tsipras seither dabei, Syriza in Richtung auf die politische Mitte zu führen. Am Ende dieses politischen Wanderungsprozesses könnte eine im weitesten Sinne sozialdemokratische Partei stehen.
Tsipras hat erkannt: Er muss die Partei dahin manövrieren, wo Wählerstimmen zu holen sind (deswegen auch die Einsetzung von unerwarteten Personen anderer Parteien und paar junger Menschen). Seinen Wahlsieg verdankte Tsipras 2015 vor allem den Stimmen von Protestwählern der linken Mitte. Doch diese Wähler kann Tsipras nur an sich binden, wenn er sich auf sie zubewegt.

Auf diesem Weg das Linksbündnis Syriza mitzunehmen, dessen Herz weit links schlägt, wird nicht leicht sein. Dem neuen Generalsekretär Skourletis traut Tsipras das offenbar zu. Solange die Genossen an die Möglichkeit eines nochmaligen Wahlsieges glauben, könnte das auch klappen.
Tsipras selbst ist als Syriza-Vorsitzender einstweilen völlig unangefochten. Das würde sich wohl auch nach einer möglichen Wahlniederlage und einer Rückkehr in die Opposition nicht ändern. Seine pragmatische Öffnung zur linken Mitte ist in der Partei zwar keineswegs unumstritten. Aber alle wissen: Ohne Tsipras hätte Syriza die Wahlen von 2015 niemals gewonnen – und läge jetzt in den Umfragen nicht bei 25, sondern womöglich wieder bei fünf Prozent. Wenn er eines kann, dann ist es Wahlkampf bzw. politisches Überleben, etwas in dem Mitsotakis sein Rivale unterlegen ist aber zurzeit dennoch aus anderen Gründen gewinnen könnte nächstes Jahr. Und selbst wenn er die „Mutter aller Schlachten“ verlieren sollte: Tsipras ist 44. Eine Wahlniederlage wäre sicher nicht das Ende seiner politischen Karriere, er hat Chancen das übernächste Mal wieder zu kommen- solange es keine andere Alternative in Hellas geben wird.

Quelle:iefimerida.gr , lifo.gr , handelsblatt.com 

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