Griechische Regierung gewinnt erneut Vertrauensfrage im Parlament



Das griechische Parlament hat Premierminister Alexis Tsipras und seiner Regierung das Vertrauen ausgesprochen. Tsipras setzte sich einmal mehr denkbar knapp durch: Im 300-köpfigen Parlament stimmten 153 Abgeordnete für ihn, acht mehr, als die Regierungspartei Syriza Abgeordnete hat. Sieben von denen standen doch fast immer fest, lediglich einen neuen "Verbündeten" gab es noch wieder dieses Mal. 

Vorangegangen war eine dreitägige, höchst aufgeladene Wahlkampf-Debatte, in der jedes noch so abwegige Thema auf den Tisch kam und an persönlichen Beleidigungen nicht gespart wurde.

Kurz vor der Abstimmung am Freitagabend ruderte Oppositionsführer Kyriakos Mitsotakis zurück. Die Debatte sei entgleist, das sei nicht sein Stil. "Aber es hat auch noch nie in der Geschichte des Parlaments ein Premierminister so mit anderen Mitgliedern des Hauses geredet wie Sie", sagte er an Tsipras gewandt. Dieser hatte ihn am Mittwoch nicht nur geduzt, sondern ihm unter anderem vorgeworfen, weich gebettet in einer reinen Politikerfamilie aufgewachsen zu sein, sprich, seinen heutigen Status ohne eigenes Zutun erlangt zu haben (etwas was natürlich weit verbreitet unter den Griechen ist da die meisten ihm seine politische Karriere, seinem Nachnamen zuschreiben, es wurde ihm bisher nur nicht noch nie öffentlich direkt gesagt).

Grund dafür dass er zornig war, dass man ihm seitens der ND vorwarf dass sein Vater sowie sein Onkel während der Junta-Diktatur (1967-1973) mit dem Regime zusammenarbeitete und öffentlich Bauprojekte von der Regierung damals bekam. In der Tat hatte man zu der Zeit jedenfalls ein Bauunternehmen, was auch nicht bestritten wurde vom Premierminister der einen langen Text veröffentlichte indem das teils unbekannte - er war kein Politiker - Leben seines Vaters erläutert wird (er wurde von der Diktatur sogar eine Zeit lang eingesperrt, nach seiner Freilassung schaffte man es aber trotzdem sich an Projekten zu beteiligen). Herr Kefalogiannis, erneut Kandidat der ND für die Europawahl (er ist im Europaparlament seit 2014, wird gerade auch gegen ihn untersucht weil er angeblich Angestellte in Brüssel hatte und dafür Geld kassierte, jedoch diese nie dort anwesend waren, sondern sich in Griechenland aufhielten) hatte während einer Sendung im staatlichen ERT-Kanal sogar auf seinem Handy ein Foto gezeigt auf dem angeblich der Vater (Pavlos Tsipras) von Alexis Tsipras zusammen mit den Diktatoren während einer öffentlichen Rede steht. Die Moderatoren versuchten ihm zu erklären dass er falsch liege, er jedoch wollten kein Wort zurücknehmen. Dieses Foto jedoch, obwohl es schon lange immer wieder im Internet auftaucht, wurde schon seit langem als Fake News abgetan da der Mann auf dem Foto ein Minister des Regimes war der nicht mal verwandt mit Tsipras' Familie war. Herr Mitsotakis musste heute sogar zugeben dass Herr Kefalogiannis dies nicht hätte tun sollen und es nicht seine Art ist als Chef der Partei auf fake news zurückzugreifen. Auch Kefalogiannis sagte später dass er einen Fehler machte, beharrte jedoch auf eine Baufirma die Vater und Bruder damals hatten.



Die Vorwürfe vor Tsipras kamen jedoch nicht von ungefähr: Zuvor hatte Mitsotakis sich über ein Foto ausgelassen, das den Premier im Sommer 2018 urlaubend auf einer Motorjacht zeigen - nur wenige Wochen nach einer großen Brandkatastrophe nahe Athen, bei der mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen waren. Das sei unmöglich gegenüber den Opfern und der Jacht-Urlaub außerdem entlarvend, wo Tsipras sich doch stets gegen die Eliten und den Kapitalismus wende. Dieser Jachtbesuch jedenfalls wurde auch aus Regierungskreisen bestätigt nachdem die Frau des verstorbenen Reeders, Frau Katerina Panagopoulou sich gestört öffentlich zu Wort meldete und sagte dass man ihn und seine Familie etwas Urlaub machen lassen ließ, drei Wochen nach der Katastrophe in Athen da der Premier "sehr erschöpft von allem war" wie ihr damals noch lebender Mann meinte. Ihre Aussage bestätigt natürlich dass es zwischen den beiden Familien anscheinend enge und gute Beziehungen gibt, etwas nicht unübliches übrigens für Premierminister (die Frau selber arbeitet - ohne Lohn - als Beraterin des Premiers bzw. als "Botschafterin" im Ausland um auch dank ihrer Kontakte und Wirtschaftsmacht Investoren anzulocken sowie der griechischen Diaspora zu helfen, hat auch einen Verein in Griechenland der Athletinnen unterstützt sowie Olympiasieger und befasst Sie sich generell auch mit den Olympischen Spielen), jedoch etwas kontrovers wenn man frühere Aussagen des Premiers anbetrachtet wo er nichts mit der Elite zu tun hatte wollte - bis man an die Macht kam

Tsipras selbst schlug heute am Freitagabend schließlich ebenfalls ruhigere Töne an, kam aber nicht umhin, erneut den Vater von Mitsotakis ins Spiel zu bringen, einen früheren Ministerpräsidenten des Landes. Viel weniger diskutiert wurden dagegen die vom Premier Anfang der Woche verkündeten Pläne zur Steuersenkung und Rentenerhöhung, die von der Opposition als reine Wahlgeschenke abgetan wurden. Generell, obwohl der Premier selbst eher die Wirtschaftspolitik besprechen wollte, hatte die Opposition kein Interesse daran und versuchte Angriffe zu starten. 

Tsipras zählte wiederholt die Verdienste seiner Regierung auf und betonte, er habe das Land aus der Krise und den Hilfsprogrammen geführt. Die Opposition konterte, die Regierung würge die Wirtschaft und vor allem die Mittelklasse mit ihrer harten Besteuerung ab und schaffe kein Wachstum, sondern treibe die Misere des Landes nur weiter voran.

Auslöser der Vertrauensfrage war eine abfällige Attacke gewesen: Ein Minister von Tsipras hatte sich per Tweet über einen behinderten Politiker der konservativen Partei Nea Dimokratia geäußert: Dieser habe seinen Posten in der Gesundheitsbehörde nur auf Grund seiner Behinderung erhalten, anstatt gleichberechtigt mit anderen den Weg der normalen Bewerbung zu gehen. Ein kleines Eigentor des Ministers (Herr Polakis der immer wieder für solche Aufregungen sorgt) da das Gesetz einem diese Möglichkeit gibt um eingestellt zu werden, etwas was auch der behinderte Kandidat auch betonte. 

Die Opposition stellte daraufhin einen Misstrauensantrag gegen den Minister, Tsipras reagierte - überraschend muss man sagen - mit der Vertrauensfrage. Von Beginn an sprachen politische Beobachter in Athen von reinem Kalkül - in Griechenland stehen spätestens im Oktober Parlamentswahlen an, die Europawahl Ende Mai gilt als Gradmesser (wie jedes Mal). Tatsächlich geriet die Debatte zum Wahlkampfauftakt zu einer Schlammschlacht. Glaubt man griechischen Medien und den Kommentaren in sozialen Netzwerken, hat das bei den Bürgern mehr Vertrauen verspielt als geschaffen. "Zwei Esel zanken um fremdes Heu!", spottete eine Twitter-Nutzerin.

Wer sagte "ja", "nein", "kein Interesse" oder waren nicht da?

Insgesamt 289 Mitglieder, die an der namentlichen Abstimmung teilnahmen, weigerten sich, der Regierung 136 ihr Vertrauen zu schenken. Die Regierung wird durch den dreitägigen Prozess gestärkt da ihr Vertrauen vom Mitglied der Enosi Kentroon , Ioannis Saridis, gegeben wurde und somit einen weiteren "Verbündeten" anscheinend hat.


Mit "Ja" in der namentlichen Abstimmung des Vertrauens in die Regierung stimmten die 145 Mitglieder von SYRIZA, die sechs unabhängigen (Ex-ANELS und ND-Mitglieder) Mitglieder (Elena Kountoura, Kostas Zouraris, Terrence Quick, Vasilis Kokkalis, Katerina Papakosta und Spyros Danellis) und der neue Tourismusminister Thanasis Theocharopoulos (Chef der linken Partei DIMAR der den Ministerposten vor kurzem übernahm da Frau Kountoura für das Europaparlament kandidiert und somit den Posten verlassen musste, die Wahl jedoch des Herrn Theocharopoulos dient wohl eher Wahlzwecken und nichts weiter).

Der Vorschlag von Alexis Tsipras, der Regierung ein Vertrauensvotum zu geben, wurde von den Abgeordneten der ND, der DISY, der KKE, der CA und POTAMI abgelehnt. "Nein" zur Regierung sagten insgesamt 136 Mitglieder der Opposition.

Von der Abstimmung enthielten sich ihrer Stimme Frau Olga Kefalogianni (ND), Hara Kefalidou (DISY), Kostas Katsikis (Unabhängiger) und Yiannis Lagos aus der neonazistischen Goldenen Morgenröte (Chrysi Avgi). Überhaupt nicht anwesend im Parlament waren Vassilis Leventis (Enosi Kentroon Chef) und die Mitglieder der Partei, D. Kavadellas, A. Megalomystakas und Marios Georgiadis.

Quellen: cnn.gr , zeit.de


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