Griechenland, Israel und Zypern unterschrieben Bau der Mittelmeer-Gas-Pipeline Eastmed - Türkei unter Druck



Griechenland, Israel und Zypern haben ein Grundsatzabkommen für den geplanten Bau der Mittelmeer-Gas-Pipeline Eastmed unterzeichnet. An der feierlichen Zeremonie in der griechischen Hauptstadt Athen nahmen Regierungschef Kyriakos Mitsotakis, Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und der zyprische Staatschef Nikos Anastasiades teil. Als nächstes soll das Projekt ausgeschrieben werden, für das sich dann private Investoren bewerben können. 

Über die 1900 Kilometer lange Unterwasser-Pipeline soll Israel ab 2025 Erdgas nach Europa liefern. Wichtigstes Abnehmerland ist Italien. Auch sämtliche Staaten Südosteuropas sollen von den Erdgas-Lieferungen profitieren. Es soll die "längste Pipeline unter Wasser weltweit werden", berichtet die Athener "Zeitung der Redakteure". Ein "historisches Abkommen" sieht das wirtschaftsliberale  Blatt "Phileleftheros". Durch das Projekt wird die Energiediplomatie in der Region anscheinend weiter verstärkt: Am Wochenende beraten die Außenminister Ägyptens, Griechenlands und Zyperns in Kairo über weitere Kooperationsmöglichkeiten. Am 7. Januar kommt US-Außenminister Mike Pompeo nach Zypern. Damit signalisieren alle Beteiligten: Im östlichen Mittelmeer ist etwas in Bewegung. Aber was genau?

Im griechischen Staatsfernsehen ERT wird Eastmed immer wieder als ein "Schutzschild gegen die Provokationen der Türkei" bezeichnet. Damit wird deutlich, dass die geplante Pipeline aus Athener Sicht eine Antwort auf die jüngste Annäherung zwischen der Türkei und der international anerkannten Regierung in Libyen sein soll.

Zur Erinnerung: Seit Jahren streiten sich Griechenland, Zypern und die Türkei um Gasvorkommen im östlichen Mittelmeer. Ende 2019 haben Libyen und die Türkei ein Abkommen unterzeichnet, das ihre gemeinsame Wirtschaftszone nach eigenen Wünschen definiert und einen großen Teil der östlichen Ägäis unter beiden Ländern aufteilt. Damit fiele etwa das Seegebiet östlich von Kreta unter türkische Kontrolle. Doch genau durch dieses Gebiet soll die Eastmed-Pipeline verlaufen. Bahnt sich ein direkter Konflikt zwischen Griechenland und der Türkei an? Im ERT-Interview zeigt sich der Athener Energieminister Kostis Hatzidakis zurückhaltend: "(Der türkische Präsident, die Red.) Erdogan hat seine Ansichten und wir haben unsere eigenen Ansichten. Wir berufen uns dabei auf das Völkerrecht und sind davon überzeugt, dass alle Länder, die in der Region etwas zu sagen haben, auf unserer Seite sind", erklärte der konservative Politiker.


Das Rätsel um Italien

Einen kleinen Rückschlag erlitt das Eastmed-Projekt dadurch, dass Italien bei der Unterzeichnung des Abkommens in Athen durch Abwesenheit glänzte. Laut griechischen Medienberichten gebe es innerhalb der italienischen Regierung Meinungsunterschiede zum neuen Projekt. Doch man unterstützt generell das Projekt, es wird vielleicht nur mehr Zeit kosten.

Der stellvertretende Regierungssprecher Zyperns, Panagiotis Sentonas, sagte neulich in einem Interview, Italien werde "aus technischen Gründen" das Abkommen in Athen nicht mit unterzeichnen. Allerdings werde ein nicht namentlich genannter "Vertreter" Roms mit dabei sein. Immerhin soll Italiens Energieminister Stefano Patuanelli am Dienstag in einem Brief an seinen griechischen Amtskollegen Hatzidakis ausdrücklich erklärt haben, dass Rom den Bau der Eastmed-Pipeline unterstützt und sich auch innerhalb der EU für das Projekt einsetzt. Um seine geplante Rolle als Hauptabnehmer wahrzunehmen, müsste Italien dann in Eigenregie eine weitere Unterwasser-Pipeline bauen, die das Land mit dem nordwestgriechischen Hafen von Igoumenitsa verbindet.

Es wird angemerkt dass vor Jahren Italien und Griechenland eine Unterwasserpipeline schon mal planten,
dies jedoch unter anderem auch aufgegeben wurde weil es starke lokale Reaktionen in Epirus gab. Mittlerweile aber ist man dem Vorhaben freundlicher gesinnt - nun gäbe es Reaktionen auf...der anderen Seite, in Italien.


Technische Merkmale des Projekts

Länge: 1.872 km, davon 1.335 km. Etwa eine U-Boot-Abteilung und 537 km. Über Terrestrial.
Anfangskapazität: 10 Milliarden Kubikmeter  pro Jahr.
Kapazitätserweiterung: Bis zu 20 DKM pro Jahr.
Budget (für die Anfangskapazität): 5,2 Mrd. EUR. Euro.
Die östliche Mittelmeerpipeline ("EastMed") soll die südöstlichen Mittelmeervorkommen direkt mit dem europäischen Erdgassystem durch Griechenland verbinden.

Sie erstreckt sich über eine Länge von rund 1.900 Kilometern mit einer geplanten Kapazität von 10 KM pro Jahr, von den Erdgasvorkommen im südöstlichen Mittelmeer bis zur Verbindung mit der POSEIDON-Pipeline. Das Projekt besteht aus folgenden Unterabschnitten:

• 165 km, ca. Unterwasser-Pipeline vom Levantinis-Becken nach Zypern.
• 732 km über Unterwasserpipeline von Zypern nach Kreta.
• 421 km. Über eine Unterwassserpipeline von Kreta zum Peloponnes.
• 292 km über die Überquerung des Peloponnes zur Küste des Golfs von Pataikos
• 17 km Etwa eine U-Boot-Pipeline für die Überquerung des Patic Golfs.
• 245 km für die Überquerung Westgriechenlands nach Florovouni, Thesprotia (in der Nähe von Igoumenitsa).

In Florovouni, Thesprotia soll es eine Verbindung mit der Unterwaaser-Pipeline von Griechenland-Italien POSEIDON, 210 km lang, geben. Die Kosten für den Bau der Unterwasser-POSEIDON-Pipeline belaufen sich auf 0,9 Milliarden Euro.

Seit Sommer 2014 wird die EastMed-Pipeline von der griechischen Firma "Unterwassergaspipeline der griechisch-italienischen POSEIDON S.A." entwickelt, an der die DPA und die italienische EDISON gleichermaßen beteiligt sind.

Die Kosten für die Eastmed-Pipeline nach Italien werden auf rund 6 Mrd. EUR geschätzt. Mit der kontinuierlichen technologischen Entwicklung kann die Kapazität der Pipeline jedoch weiter erhöht werden, da sie mit Größenvorteilen von mehr als 10 DMS jährlich in ihrer ursprünglichen Konstruktion übertragen wird, was die wirtschaftliche Dynamik der Pipeline verändern wird.


Kleine Zweifel an Rentabilität der Pipeline

Die Eastmed-Pipeline habe vor allem eine wichtige geopolitische Dimension, sagt  Alex Lagakos, Vizeleiter des Athener Think Tanks "Greek Energy Forum", im Gespräch mit der DW. An der Rentabilität der Pipeline hegt der Experte allerdings einige Zweifel. Zunächst einmal seien die Kosten immens: mindestens sechs Milliarden Euro. Die Tatsache, dass Griechenland, Zypern und Israel das Projekt billigen, bedeute nicht, dass sie auch über das nötige Kapital verfügen, um es zügig umzusetzen, mahnt Lagakos. EU-Hilfen seien nicht in Sicht, da sich Europa von fossilen Energieträgern verabschiedet habe und auf grüne Energieprojekte setze. Es gebe nun mal eine neue Agenda in Brüssel. Fazit: "Die Eastmed-Pipeline müsste wohl ausschließlich aus privater Hand finanziert werden und das wird schwierig. Ob eine Gas-Pipeline im östlichen Mittelmeer für Privatinvestoren attraktiv wäre? Bei dem heutigen Überangebot an Gas auf dem Weltmarkt zeigt sich der Experte skeptisch. Außerdem: "Immer mehr Kunden setzen auf den Import von flüssigem Erdgas (LNG) über die Seehäfen. Warum soll sich ein Abnehmer an Pipeline-Lieferungen langfristig binden, wenn er jederzeit auf LNG flexibel und kostenbewusst zurückzugreifen kann?", gibt Lagakos zu bedenken.

An neuen Pipelines mangelt es trotzdem nicht. Am 8. Januar wollen die Präsidenten Russlands und der Türkei die durch das Schwarze Meer verlegte Turkish-Stream-Pipeline in Betrieb nehmen. Dadurch soll russisches Erdgas über die Türkei nach Europa geliefert werden. Bleibt abzuwarten, ob Eastmed und Turkish-Stream sich ergänzen oder in Konkurrenz zueinander stehen.


Türkei fühlt sich von der Allianz bedroht 

Als Reaktion auf die Unterzeichnung des zwischenstaatlichen Abkommens über die EastMed-Energiepipeline sagte der Sprecher des türkischen Außenministeriums, Hami Akkin, dass jedes Projekt, das die Rechte der türkischen und türkischen Zyprer auf natürliche Ressourcen in Das östliche Mittelmeer wird scheitern.

"Der wirtschaftlichste und sicherste Weg zur Nutzung der natürlichen Ressourcen im östlichen Mittelmeerraum und ihre Verteilung auf verbrauchermärkte in Europa, einschließlich unseres Landes, ist die Türkei", betonte der Akkin in der türkischen Mfa. Die Türkei entsendete daraufhin auch ein paar Kriegsschiffe vor Zypern zur Machtdemonstration, etwas was man aber mittlerweile gewohnt ist.

Dabei anzumerken sei auch dass die Türkei sich auch von der Allianz zwischen Griechenland und Ägypten bedroht fühlt da beide Länder eine friedliche Nachbarschaft ohne türkischen Einfluss in Libyen anstreben. General Haftar der kurz davor ist Tripolis zu erobern und die dort von den Vereinten Nationen türkischfreundliche Regierung (die über nur einen sehr kleinen Teil des Landes die Kontrolle verfügt) dem Amt zu entheben, sinnt sich ebenfalls auf Seiten der Griechen und Ägypter - seine Generäle und der Admiral wurden studierten auch an der Militärakademie Griechenlands.

Kooperationsklauseln  unterzeichnet

Eine Kooperationsklausel zwischen den an der Sicherheit der Ost-Med-Pipeline beteiligten Ländern sah vor, dass das zwischenstaatliche Abkommen am Nachmittag von den Energieministern Griechenlands, Israels und Zyperns in Anwesenheit der Ministerpräsidenten der drei Länder unterzeichnet wurde.

Darüber hinaus enthielt das Abkommen drei weitere wichtige Punkte:

-Gemeinsamer Regulierungs-, Lizenz- und Steuerrahmen in allen vier Ländern (einschließlich Italien), um die Projektdurchführung zu erleichtern

-Die Möglichkeit der Integration in den Plan von East Med und anderen Staaten, wie Ägypten und Libanon in der Zukunft

-Die Möglichkeit des Einfrierens von Erdgasmengen und von Staaten, die nicht an der Entwicklung der Pipeline beteiligt sind

Vor kurzem hat die Leitung der DPA und Energean in Anwesenheit von Energieminister Kostis Hatzidakis ein Kooperationsabkommen über die Beschaffung von 2 Mrd Kubikmetern Erdgas unterzeichnet, aus den Vorkommen von Israel, was 20% der Kapazität des East Med entspricht. Der Vorvertrag ebnet den Weg für die Unterzeichnung eines Handelsabkommens und wird als sehr wichtig angesehen, weil es die wirtschaftliche Lebensfähigkeit der Pipeline sicherstelle.

Quellen: dw.com , versch. Medienberichte



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