Schwimmende Barriere soll Flüchtlingsboote aufhalten, weitere Maßnahmen in Sicht - Wie viele Asylanten "verkehrten" zwischen Hellas und EU-Staaten 2019?



Die Zahl der Migranten, die von der Türkei aus auf den griechischen Inseln ankommen, wächst andauernd. Die Lager sind überfüllt, die Behörden wieder einmal hoffnungslos überfordert, trotz Regierungswechsel im Sommer 2019. Die Regierung plant nun, die Menschen mit..... schwimmenden Barrieren fernzuhalten. Eine umstrittene Maßnahme die Reaktionen sowohl in Griechenland als im Ausland aufbrachte. Vor allem auch weil die Effektivität fraglich ist. 

Griechenland plant, mit Hilfe schwimmender Zäune gegen Flüchtlinge vorzugehen. Sie sollen "im Notfall" verhindern, dass Migranten von der türkischen Küste aus die Inseln in der Ostägäis erreichen.

Das Verteidigungsministerium veröffentlichte im Internet eine Ausschreibung für "schwimmende Schutzsysteme". Sie sieht den Bau von 2,7 Km langen "Barrieren oder Netzen" vor (mit dem Gedanken auf 15 Km auszuweiten). Die Systeme sollen einen halben Meter aus dem Wasser ragen und mit Blinklichtern ausgestattet sein. Die Gesamtkosten schätzt das Ministerium auf eine halbe Million Euro.

Wie sehr effektiv das sein wird? Wahrscheinlich wenig. Wieso das so ist und weshalb die Regierung jetzt so foranschreitet und was für Maßnahmen ergriffen werden, werden im Folgenden kurz dargestellt.

Wie Barrieren gegen Ölteppiche

Zunächst sei ein Versuch geplant, erklärte Verteidigungsminister Nikos Panagiotopoulos. "Wir wollen sehen, ob das funktioniert und wo und ob es eingesetzt werden kann", sagte er im Nachrichtensender Skai. Die griechische Presse verglich die geplanten Absperrungen technisch mit den Barrieren gegen Ölteppiche im Meer! Es wurde bezweifelt, ob sie tatsächlich Schleuser und Migranten davon abhalten können, die griechische Küste zu erreichen.

Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters soll die Barriere zunächst im Norden der Insel Lesbos zu Wasser gelassen werden. Wenn sie sich als wirksam erweise, könne sie auf bis zu 15 Kilometer verlängert werden.

Wer sich die Karte Griechenlands anschaut mit seinen Hunderten von Kilometern langen Grenzen entlang der Türkei kann nur den Kopf schütteln. Manche Medien in Deutschland bezeichnen die Entscheidung als Akt der Verzweiflung und das ist es auch. Auch nicht, 2,7 Km lange und auch nicht mikrige 15 Km lange Barrieren können die Flüchtlingswellen stoppen. Man möchte wohl eher auf kommunikativer Ebene setzen, im Sinne es spricht sich unter den Migranten rum dass es angeblich schwer ist nach Griechenland zu kommen, halt präventiv denn die Länge ist klein und der "Zaun" gar nicht erst hoch bzw. tief. Wahrscheinlich will man auch zeigen dass man was gegen die Wellen tut und sich den Wählern des ganz rechten Flügels wieder mit positivem Gesicht präsentieren. Zu guter letzt könnte es vielleicht auch so einige Unternehmer geben die sich schon die Hände reiben mit den Aufträgen....

Migrantenlager überfüllt

Im vergangenen Jahr war Griechenland das Land mit der höchsten Zahl von ankommenden Flüchtlingen in Europa. Mehr als 40.000 Menschen befinden sich derzeit in überfüllten Flüchtlingslagern auf den Inseln im Osten der Ägäis. Eigentlich haben diese Lager nur Kapazitäten für weniger als 10.000 Menschen. Hilfsorganisationen kritisierten in den vergangenen Monaten die dort herrschenden Zustände als unmenschlich (wie auch die Jahre zuvor). Insgesamt sind es in Griechenland über 100.000. Auf dem Festland herrschen aber bisher keine schlechten Zustände sondern generell gute, zumindest noch, denn andauernd werden Migranten von den Inseln aus in verschiedene Richtungen des Landes geschickt. An manchen Orten ist es nur eine Frage der Zeit bis man Inselzustände erreicht, ein Grund weshalb lokale Gemeinden keine Migranten mehr willkommen heißen wollen (zumindest diese die schon viele dort haben).

Moria Lager, Lesvos. September 2019 - Das eigentliche Zentrum mit einer Zeltsiedlung

Moria im Januar 2020. Es hat sich eine Zeltstadt entwickelt. Hier leben nun über 20.000 Menschen

Wie sehr helfen sich Griechenland und die EU-Staaten denn gegenseitig was die Asylanträge angeht?

Laut offiziellen Angaben lehnen die meisten Staaten Europas Asylanträge von Migranten wohnend in Griechenland mehrheitlich ab. Deutschland lehnte 2019 etwa 70,5 Prozent aller griechischer Anträge ab.
Man nahm 568 Flüchtlinge auf von 1.922 die man nach Deutschland schicken wollte. Umgekehrt hat 2019 die Bundesregierung versucht 8.854 Flüchtlinge zurück nach Griechenland zu schicken; das Griechische Asylamt jedoch genehmigte und bekam nur 504 Menschen zurück. Und auch neulich beschloss der Bundestag dass man nicht mal Kinder aus den Höllenlagern der Inseln aufnehmen wolle. Dass die deutsche Politik in den letzten Jahren ihre Meinung änderte geht auch von den Vorjahreszahlen heraus: 2018 lehnte man 56,6% der griech. Anträge ab und 2017 nur 8%!


Insgesamt haben die Griechen versucht 5.459 Asylanträger (zumeist Familiennachzüge) in die EU zu schicken. Für etwa 46%, also 2.523 Anträge, fiel das Ergebnis positiv aus. Großbritannien, Schweden und die Schweiz sind die Länder die am positivsten sind. Die Briten genehmigten 667 von 1.230 Anfragen (also 54%), Schweden 375 (also 67,5%) und die Schweiz 339 was 67,2% darstellt.

Über das ganze Jahr wollten die EU-Staaten insgesamt 12.718 Migranten wieder nach Griechenland zurückschicken jedoch nahm Athen nur 710 auf. 

Härteres Vorgehen gegen Flüchtlinge - Regierungspartei landet nach 6 Monaten in der Realität....

Die konservative Regierung unter Premierminister Kyriakos Mitsotakis, die seit einem halben Jahr im Amt ist, hat versprochen, die Flüchtlingskrise in den Griff zu bekommen - bisher vergebens. Anscheinend hatte man selbst in der eigenen Partei tatsächlich geglaubt an dem "Märchen" den man den Wählern verkaufte: dass sobald eine rechte harte Regierung (die ND) an die Macht kommen würde, die Migrantenströme stark nachlassen würden. Die Überzeugung war so groß dass das Migrationspolitikministerium (gegründet zum ersten Mal 2015 von Syriza) aufgelöst wurde. Die Verantwortungen wurden somit auf verschiedene Behörden verstreut was ein Durcheinander ergab. Diesen Fehler sah man neulich ein und errichtete Anfang Januar wieder dieses Ministerium.

Man meinte dass die linke Partei SYRIZA für die Migrantenankünfte verantwortlich war, ignorierend dabei was für eine Rolle die Türkei, Kriege und selbst die EU dabei spielen da Griechenland unter der SYRIZA-Regierung zwar die Grenzen "öffnete" und Millionen Menschen durchließ, aber auch nur nach Geheiß Deutschlands, damals 2015. Dann wurde die Balkanroute dicht gemacht und die Landesgrenzen geschlossen, was sich aber auf dem Meer als schwierig erwies. Damals waren zu diesem Zeitpunkt noch etwa 40.000 Flüchtlinge in Griechenland (sowie den restlichen Balkanstaaten) festgeblieben - bis heute noch. 2016 verhandelte die Regierung einen Deal mit der Türkei und die EU gab Erdogan Milliarden was Wirkung zeigte, die Migranten stiegen von Tausenden pro Tag auf nur wenig Dutzende hinab. Bis Sommer 2019. Nach den Nationalwahlen stiegen die Migrantenströme wieder rasant an. Mittlerweile gibt es über 100.000 in Griechenland. An manchen Orten überstieg die Migrantenanzahl, die der eigentlichen Einwohner was zu großen Problemen führt. Im bekannten Morialager (siehe Foto den Unterschied) verdreifachte sich die Bevölkerung der Migranten in diesen 6 Monaten! Es wurden zwar Tausende aufs Festland gebracht (von verschiedenen Inseln) wo keine dramatischen Zustände herrschen, sondern normale, doch die Lage verschlimmerte sich trotzdem auf den Inseln da in der Zwischenzeit immer mehrere täglich ankamen.

Da man sieht dass zwar Kritik aus Europa kommt aber keine Hilfe hat man sich entschieden irgendwie die Migranten zumindest abzuschrecken damit sie in der Türkei verbleiben (welche aber Vermutungen zufolge manchmal sogar Boote drängt loszufahren). Anfang des Jahres traten schärfere Asylgesetze in Kraft, die Verfahren und Abschiebungen beschleunigen sollen. Außerdem wird die Grenzüberwachung mit 1.200 neuen Einstellungen verstärkt. Die bisherigen, offenen Lager auf den griechischen Inseln sollen durch besser kontrollierte geschlossene Einrichtungen ersetzt werden. Die Barriere auf offenem Meer will man wohl eher auf kommunikativer Ebene einsetzen, im Sinne es sprechen sich Gerüchte unter den Migranten rum dass es angeblich schwer ist nach Griechenland zu kommen. Menschenrechtsaktivisten lehnen diese Maßnahmen entschieden ab, sind aber auch bis jetzt nicht in der Lage ernste Alternativen vorschlagen zu können.

Quelle: tagesschau.de , cnn.gr


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