Griechische Pharmaindustrie hat Potenzial - Stark exportorientierte Branche mit großen neuen Investitionen


Griechische und ausländische Pharmagesellschaften planen in den nächsten drei Jahren insgesamt bis zu 500 Millionen Euro in neue oder in die Modernisierung von bestehenden Produktionsstätten sowie in Forschung und Entwicklung zu investieren. Dazu zählen unter anderem die Unternehmen Elpen, Demo, Lavipharm sowie die deutsche Boehringer Ingelheim Hellas S.A., die über eine eigene Produktionsstätte im Land verfügt. Die Branche produziert in Griechenland hauptsächlich Generika.

Griechische Pharmaunternehmen investieren, um Produktion zu steigern

Die griechische Pharmagesellschaft Elpen investiert etwa 55 Millionen Euro in eine neue Produktionsanlage und in ein Forschungszentrum für angewandte Biomedizin. Es soll das größte seiner Art in Südosteuropa werden. Die Produktionsstätte wird voraussichtlich bis 2021 und das Forschungszentrum bis 2022 fertiggestellt. Elpen ist in Griechenland seit 2012 mit der Tochtergesellschaft Elpen Pharma GmbH in Deutschland vertreten.

Das griechische Pharmaunternehmen Demo investiert etwa 30 Millionen Euro in eine neue Produktionsanlage, die im Jahr 2022 den Betrieb aufnehmen soll. Zudem weihte die Gesellschaft Pharmathen im September 2019 eine neue integrierte vertikale Produktionsanlage im Wert von über 50 Millionen Euro ein. Das US-amerikanische Pharmaunternehmen Pfizer baut in der nordgriechischen Stadt Thessaloniki einen Digital Hub mit über 800 Mitarbeitern, der ein Zentrum für digitale Innovation werden und im Jahr 2021 den Betrieb aufnehmen wird. Mehr dazu im Blogartikel HIER.


Neues Gesetz fördert Investitionen in Forschung und Entwicklung

In Griechenland sind die öffentlichen Ausgaben für Pharmaprodukte budgetiert. Liegen diese über der jährlichen Planung, ist die Pharmaindustrie zu Rückzahlungen (Clawback) verpflichtet. 

Mit der Verabschiedung des Gesetzes 4633/2019 wird den Pharmaunternehmen, die Möglichkeit gegeben, Investitionen in Forschung und Entwicklung mit der Summe der Pflichtrückzahlungen zu verrechnen. Für die Unternehmen ist das von großer Bedeutung, denn neben den Pflichtrückzahlungen gewähren sie der öffentlichen Hand oft gezwungenermaßen Rabatte. Somit liegen die Belastungen bei rund 45 Prozent des Umsatzes.

Der europäische Durchschnitt liegt bei etwa 15 Prozent. Wenn die Steuerabgaben hinzugerechnet werden, dann steige die gesamte Belastung auf etwa 70 Prozent. Dies mache Investitionen unattraktiv, heißt es in Expertenkreisen.

Aufkäufe und strategische Zusammenarbeit prägen den Markt

Multinationale Pharmakonzerne beweisen ihr Vertrauen in die griechische Pharmaindustrie durch Fertigungsaufträge. Zahlreiche griechische Unternehmen produzieren oder verpacken ausländische Arzneimittel. Das griechische Unternhmen Vianex der Familie Giannakopoulos produziert oder verpackt unter anderem für die internationalen Pharmagesellschaften Merck & Co, Takeda Pharmaceutical Company Limited und Sanofi Pasteur MSD.

Auch die Gesellschaften Elpen S.A. und Pharmathen arbeiten zusammen mit internationalen Pharmaunternehmen. Das griechische Unternehmen Genepharm wurde 2019 von der jordanischen Pharmagesellschaft MS Pharma aufgekauft. Die griechische Gesellschaft Vianex SA übernahm zudem im Jahr 2019 das griechische Pharmaunternehmen Pharmanel S.A. Anfang 2020 erwarben die internationale Investitionsgesellschaft York Capital Management und der US-amerikanische Fonds Elements Capital Management die griechische Pharmagesellschaft Famar. 

In Griechenland sind insgesamt 29 Produktionsanlagen in Betrieb und produzieren vorrangig Generika. Die griechische Pharmaproduktion deckt rund 25 Prozent des inländischen Bedarfs an Medikamenten. Im Jahr 2018 lag der Produktionswert bei knapp einer Milliarde Euro, belegen Daten des europäischen Statistikamtes Eurostat. 



Mit den nötigen Investitionen könnten etwa 75 Prozent der Nachfrage am Markt gedeckt werden, erklären Marktexperten. Etwa 54 Prozent der in Griechenland vertriebenen Produkte sind derzeit noch importiert. Bei etwa 21 Prozent der Medikamente handelt es sich um Produkte internationaler Gesellschaften, die im Rahmen von Fertigungsaufträgen produziert werden, berichtet das griechische Institut für Wirtschafts- und Industrieforschung (IOBE) in der Studie "Der Pharmamarkt in Griechenland, Fakten und Daten 2019". 

Lieferketten waren zuletzt unter Druck, brachen aber nicht

Eine Diversifizierung der globalen Lieferketten könnte griechischen Unternehmen zugutekommen, zum Beispiel in der Pharmaindustrie. "Bei einer länger anhaltenden Krise, könnte es zu Engpässen kommen, da sämtliche Grundstoffe aus China und Indien stammen", sagt Theodoros Tryfon, Präsident des Panhellenischen Verbandes der Pharmaunternehmen (PEF) sowie Präsident und Co-Geschäftsführer der griechischen Pharmagesellschaft Elpen. Etwa 62 Prozent der Pharmagrundstoffe auf dem europäischen Markt werden in diesen Ländern hergestellt. 

"Griechische Betriebe verfügen über die Kapazitäten, zusätzlich Medikamente im Auftrag europäischer Firmen zu produzieren. Um Lieferwege zu verkürzen, könnten griechische Unternehmen als Konsortium mit anderen europäischen Playern sogar die nötigen Grundstoffe vor Ort produzieren", schlägt Tryfon vor. Während die weltweiten Pharmalieferketten coronabedingt unter Druck waren, sorgte die griechische Pharmaindustrie auch während des Lockdowns für eine ununterbrochene Versorgung mit Medikamenten, etwa mit Antibiotika oder Medikamenten gegen Atemwegsinfektionen.

Griechische Pharmaindustrie ist exportorientiert

Griechische Pharmaprodukte werden in über 80 Länder exportiert. Medizinische und Pharmaprodukte sind die viertwichtigste Kategorie der griechischen Exportstruktur nach Mineralölprodukten, Gemüse und Obst und nicht eisenhaltigen Metallen. 

In den ersten fünf Monaten des Jahres 2020 profitierten die griechischen Pharmaexporte von der Coronakrise und legten um fast die Hälfte im Vergleich zur Vorjahresperiode zu.


Von Michaela Balis | Athen

Quelle: gtai.de


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